Goch. Wunderlicher Ort!
Heiliger Pater Arnold Janssen: Er hat in den beiden letzten Jahrhunderten einen Lahmen zum Wanderer gemacht und einen Blinden das Farben Fernsehen beigebracht.
Die Kirche hat die Wunder archiviert. Archive irren nie.
Sollte überhaupt nicht jeder Wallfahrtsort automatisch von der zivilen Verwaltung zum Kurort ernannt werden? Hier werden sie geheilt!
Bad Goch!
Immerhin gibt es hier ja bereits eine Marienwasser-Straße.
Erschlösse ein Marienwasser-Mineralbad der Gemeinde nicht neue Einnahmequellen?
(Oma verzeih mir!)
Ich verließ den Kurt-Ort gegen 11 Uhr.
13 Kilometer lagen vor mir – bis zum eigentlichen Zentrum des rheinischen Wunderglaubens: Kevelaer. Einer der berühmtesten Wallfahrtsorte Deutschlands.
Unterwegs: die Landschaft wie seit Tagen. Felder (frühlingsgrün) und ab und zu ein paar Bauernhöfe.
Schöne Schlösser/Burgen verstecken sich im Münsterland.
Der Wohlstand wird über den Ackerbau erarbeitet.
Manchmal stinkt‘s. (Ich sag’s immer wieder: Raps muffelt!)
Der Frühling hatte sich endlich durchgesetzt! Ein mit weißen Jungfrauen-Blüten geschmückter Weg!
(Sollte ich den Gochern nicht ein neues Straßenschild vorschlagen: „Reinheitsweg“?)
Ich guckte soviel nach oben und in den Himmel, dass ich beinahe nicht mitbekam, dass ich bereits Kevelaer betreten hatte.
Kirchturmspitzen mischten sich mit Baumkronen.
Just gestern, am Tag der Arbeit, hatte der Weihbischof die Pilgersaison in Kevelaer eröffnet.
Selbst asiatische und lateinamerikanische Fluglinien öffneten schon am gleichen Tag ihre Jumbo-Türen und entließen ganze Herden heilsüchtiger Menschen in das deutsche Heiligtum.
O Lord! Wie Stille ergreifen kann!
O Lord! Wie tief eine Empfindung ist!
O Lord! Light his fire!
Die Beatnix Generation war nie hier.
(Ein bisschen Peyote und sie hätten auch an diesem Ort ihre Erscheinungen gefeiert!)
Meine Großmutter (die ich sehr verehre) pilgerte einst nach Kevelaer (in den 70ern?). Sie kaufte sich in den zahllosen Devotionalien-Läden ein Büchlein mit Heiligenlegenden.
Sie lebte mit den Madonnen, Engeln, Heiligen und Ätherischen Wesen. Sie glaubte an Gott und den Teufel und daran, dass die Erde eine Scheibe ist. Und sie war eine klasse Frau! In der Nazi Zeit schickte sie ihre Kinder demonstrativ in die Messe statt zur Hitlerjugend. Sie spielte sonntags früh in der Kirche mit dem Harmonium gegen die Gotteslästerer an und riskierte Gefängnis. Sie zwang 1963 ihren Mann (meinen Opa) im dann Freien West-Deutschland einen Fernseher zu kaufen, um dem Begräbnis von Papst Johannes XXIII. beizuwohnen. Sie war immer monarchistisch, ultramontan, superkatholisch und prinzipenstark.
Sie hätte mir meinen Spott nie verziehen. (Oder nur ein bisschen.)
Ich hatte Hunger:
Große Spargelportion (Mailänder Art: mit Parmesan überbacken und mit rohem Schinken).
Sehr gut. 14,80 Euro.
Unterkunft: 55 Euro (mit Frühstück).