Endlich mal wieder ein richtiges Dorf mit einem schönen Marktplatz!
Garding liegt nur einen Katzensprung vom Meer und der Nordsee-Top-Adresse Sankt Peter Ording entfernt, aber Touristen machen (zusammen mit der Landesstraße) einen großen Bogen um den Ort.
Zum Glück.
Mir war gar nicht klar, wie sehr hier im Norden die Kartoffel geehrt wird (ich dachte immer, wir Pfälzer bewohnen das wichtigste Grumbeerland!).
Bäuerlich langsam altern die Menschen hier.
Garding behauptet ein Kleinstädtchen zu sein. Isses aber nicht. Ein Dorf durch und durch. Die engen Straßen gewienert (gibt es hier auch Kehrwochen?).
Heute hatte ich mir Zeit gelassen. Mein Tagesziel Sankt-Peter-Ording war 14 Kilometer nah. Eine Sache von höchstens 3 Stunden. Um 10 Uhr verabschiedete ich mich vom Hotelwirt. Ein älterer Herr im reifen Pensionsalter, der morgens in einem Nebenraum weiteren Dorf-Pensionären das Frühstück servierte und kräftig mitschnackte. (Ich war übrigens der einzige Hotelgast gewesen.)
Unterwegs – entlang dem Fahrradweg, entlang der Hauptstraße – wie auf eine Schnur gereiht: Auto nach Auto, das Kurs auf Sankt-Peter-Ording nahm.
Als Fußgänger hatte ich immerhin Muse, an einer imposanten Dorfkirche am Wegrand zu verweilen.
Um 1 Uhr eine kleine Pension in Sankt-Peter-Ording gefunden. Gepäck abgeladen und sofort Richtung Meer aufgebrochen.
Lange Holzstege führen auf den (bei Ebbe) noch längeren Strand.
Gewitter kämpfte gegen Sonne. Noch stand es unentschieden.
Über dem Meer ergossen sich bereits himmlische Wasserfälle.
Fußaufwärts hatte ich es aber noch trocken.
Die Nordsee zog sich immer weiter gen England zurück. So schnell konnte ich gar nicht zum Wasser-Horizont laufen, wie er zurückwich.
An der Trennlinie zwischen Nass und Trocken (im norddeutschen Waterkant genannt), suchten Bestiefelte Kinder Muscheln und Krebse.
Auch ich bückte mich ab und an, fand aber nur ein seltsames Trinkerpaar, das mir mit einem schnapsigen Atem ein „Moin Moin“ entgegen schleuderte.
Was sie hier machten, fragte ich.
„Siehst du doch – Muscheln sammeln!“
Sie zeigten auf ihr Fischernetz und rülpsten beide auf.
Pole – nannte sich der eine.
Und Pole hieß auch der andere.
Plötzlich prasselte Regen auf uns herunter, ich schnappte die beiden Pole und hastete ins nächste Strandlokal, das auf hohen dicken Stelzen thronte.
„Grog für alle!“ schrie Pole.
„Grog für alle!“ schrie der zweite Pole.
Ich bestellte auch einen für mich.
Ich nutzte die Gelegenheit und fragte die beiden, ob sie vielleicht aus einem der zahlreichen Souvenirshops in Sankt-Peter-Ording stammten. Ob sie wüssten, warum es an der gesamten Ostsee- und Nordseeküste immer den gleichen Kitsch zu kaufen gäbe: Kapitäne mit oder ohne Pfeife, mit oder ohne Steuerrad, Piraten in allen Variationen, angeheiterte Matrosen.
Was für ein Klischee zeichnete da die Souvenir-Industrie von den kühlen Norddeutschen, wollte ich wissen.
„Schnaps!“ grölte Pole.
Und bevor der zweite einstimmte, packte ich das Paar, packte es in meinen Rucksack und lief wieder nach draußen. Der Regen hatte aufgehört.
Ich wusste nicht wohin ich rennen sollte. Die Nordsee: Ein einziger Motiv-Shop, in dem wunderbare Fotos kostenlos verschleudert wurden. Ein Marketing-Gag!
Eine gefühlte Ewigkeit kämpfte der Horizont mit der Sonne, bis er sie verschlang. Schlagartig wurde es dunkel. Die Silhouette von Sankt-Peter-Ording lud nicht wirklich zur Rückkehr ein.
Verlassen die Straßen, kaum besucht die Restaurants (Wo aßen all die Touristen, die sich heute hierher bewegt hatten?).
Der Strand grandios, das so berühmte Sankt-Peter-Ording allerdings ein Ausbund an Hässlichkeit.
Hunger: Fangfrische Nordseescholle Büsumer Art (gebraten mit Krabben). Dazu Salzkartoffeln und Salat.
17,90 Euro.
Die Scholle war nie im Leben frisch, total wässrig (gerade aufgetaut). Fad im Geschmack. Überteuert. Ich hätte mich beschweren sollen (tat es aber nicht).
Unterkunft: 44 Euro (mit Frühstück und sehr netter unterkühlter norddeutscher Pensionswirtin!).