Von mir unbemerkt, habe ich irgendwo auf meiner heutigen Tour Brandenburg verlassen und Vorpommern betreten.
Die Ostsee zum Riechen nah.
Auf den Wegen lagen ab und zu zerbrochene Schalen von Miesmuscheln. (Ob See-Möwen sie heruntergespuckt hatten? Oder Enten, die sie ja angeblich in Flussmündungen auch als Delikatesse verspeisen?)
Kirchen am Wegrand mit aufgesetzten Holztürmchen.
Um 9 Uhr war ich in Penkun aufgebrochen.
Penkun hatte nichts zu bieten außer einer guten Apotheke (Eisspray für mein Knie und Voltaren).
Ich bewegte mich schnurstracks Richtung Norden. Den Oder-Neiße Fahrradweg hatte ich verlassen und schlug mich, schmalen Straßen folgend, durchs flache Land (stimmt gar nicht – es wurde langsam wellig!).
Ca. 21 km bis Löcknitz.
Die Dörfer immer kleiner und verlassener. Aber stets proper aufgeräumt, die Vorgärten wie aus dem Zwergenparadies, der Mini-Rasen völlig Unkraut frei.
Wer Stille sucht zum Sterben, sollte sich hier einquartieren. (Nur jäten, das muss jeder, in jedem Alter!)
Wenn einmal Verkehr, dann Fahrradfahrer. Aber nicht die High-Speed-Rennfahrer-Touristen, sondern Omis und Opis. Ziemlich sicher unterwegs zu ihrem Mittagstisch.
Noch immer (oder wieder?) gab es in manchen Ortschaften Gaststätten, die einen Mittagstisch anboten.
Ein Minimenü für 4 Euro. Kein Wirtshausbesucher, keine Wirtin unter 60.
In dieser Stube gehörten nicht nur die (imitierten) Hummel-Figuren zum Inventar, sondern auch die Gäste. Witzige Alte, die sich gegenseitig mit Späßen aufzogen.
Jureks (schätzungsweise 70) Tischgenossin (schätzungsweise 75) wollte ihrer Freundin (ähnliches Alter) etwas heimlich zuflüstern, was Jurek aber ärgerte. Er riet seiner Tischgenossin: „Geh doch gleich in den Sarg, da hört dich niemand!“
Das Dörfchen Glasow war Bäcker, Metzger und Tante Emma frei. Nichts gab es, außer einem kleinen überdachten Rastplatz. So sonnenbeschirmt, wartete ein älterer Herr, mir freundlich und interessiert zulächelnd.
Vor seiner Pensionierung war er Schweinehirt. Jetzt lebte er allein und gelassen in den Tag hinein. Er sprach zufrieden. Er erklärte mir, dass er jeden Freitag um die Mittagszeit auf dieser Bank saß und wartete. Auf Tante Emmas rollenden Kaufladen. Bald würden auch noch ein paar in die Jahre gekommene Damen mitwarten.
Gegen 1 Uhr rollte dann ein Konvoi von 3 Kleinlastern an. Ein Bäcker, ein Metzger und ein Obst- und Gemüsehändler. Eine halbe Stunde Aufenthalt und dann würde der Versorgungskonvoi zur nächsten stillen Ortschaft aufbrechen.
Ich fragte den jungen Fleischermeister, ob sich das für ihn rentieren würde? „Klar“! war seine Antwort. Die Herrschaften würden sehr viel kaufen – für die ganze Woche. Das Geschäft laufe hervorragend. Ein netter junger Mann, der auch gerne den sich wiederholenden Geschichten seiner Kundschaft zuhörte. Die Käufer mochten ihren Altenflüsterer.
Polen lag nicht weit weg, aber doch war überhaupt nichts von einem Grenzland zu spüren. Die Menschen lebten eingesponnen ihn ihren kleinen Welten. Was über dem nächsten Hügel lag, interessierte die meisten eher wenig.
Die Landschaft nun nicht mehr rapsgelb, eher weizen- und roggengrün.
Wer aufmerksam schaut, sieht die Kirchturmspitze am Horizont. Das nächste verschlafene Nest nicht mehr weit.
Gegen 16 Uhr 30 erreichte ich Löcknitz. Es fing an zu regnen und ich verließ das Hotel (am See) nicht mehr.
Durst: das übliche Radeberger Bier.
Hunger: Schnitzel mit Spargel. In Ordnung. Mit 13,90 Euro aber ziemlich überteuert.
Unterkunft: 55 Euro (mit Frühstück).