Beeindruckend: Noch immer steht der Ostsee-Grenzturm. Eines der wenigen Zeugnisse der deutsch-deutschen Teilung, das die Wende überlebt hat.
Beeindruckend, dass gerade inmitten eines der nobelsten Badeorte der Ostsee dieser Gruselturm gelassen wurde. Von ihm aus wurde der Küstenstreifen nach potentiellen Republikflüchtigen abgescannt, Schnellboote der Grenzbrigade dirigiert.
Eintausendsechshundert Menschen starben bei Fuchtversuchen aus der DDR. Viele davon in der Ostsee.
Was für ein Regime, das seine Bürger einmauert und denjenigen umbringt, der nur das Land verlassen will.
„Grenzdurchruch!“ Welch verräterisches (perfides) Wort.
Heute traute sich jedenfalls niemand aufs oder ins Wasser. Die Ostsee in Kühlungsborn ziemlich aufgewühlt.
Um 9 Uhr in den Wind gegangen. Ließ mich die 39 Kilometer lang bis zur Hansestadt Wismar treiben. Fast immer in Küstennähe.
Unterwegs das immer gleiche Panorama.
Landeinwärts: Felder und Bauern, die ihre Äcker zackerten, begleitet von Möwenschwärmen.
In Gehrichtung rechts: Küste. Manchmal mediterran koloriert.
Über irgendetwas nachzudenken, hatte ich heute keine Lust.
Um mir trotzdem die (gefühlte) Zeit zu verkürzen, köpfte ich wie ein Berserker Strandhafer und zählte die herausgebrochenen Körner.
Als mich das auch langweilte, las ich Möwenfedern auf und zerlegte sie in Kiel und Strahlen. Das war gar nicht so einfach, aber auch darin wurde ich im Lauf des Tages ebenso Experte wie im Strandhafer Köpfen.
Als dieses Spiel irgendwann zu Ende gespielt war, hatte ich immer noch Stunden zu laufen.
Auf dem Fahrradweg sah ich eine tote Maus. Völlig plattgefahren, so platt wie ein Blatt. Ich fragte mich, kann ein Fahrradfahrer eine Maus überfahren?
Dann überlegte ich, wie wohl ein plattgefahrenes Pferd aussehen würde. So platt wie ein Baumblatt. Und welche Monstermaschine könnte das überhaupt? Eine Walze?
Ich verstieg mich immer tiefer in absurde Phantasien, die aber dem geschätzten Blogpublikum nicht mehr erzählbar sind und erreichte selbst ziemlich platt mit dem letzten Tageslicht nach 39 langen km das Zentrum Wismars.
Hunger: Gebratener Dorsch nach Finkenwerder Art. 12,90 Euro.
Ich probierte erneut meine Lieblingszubereitung eines Dorsches. War diesmal aber nix. Fisch nicht frisch, sondern Gefrierschrankware, Speck zu fettig, Bratkartoffeln abgesoffen. Schade.
Durst: Wismarer Pilsener. (Seit 1452 gibt es das Brauhaus in Wismar mit eigenen Bieren.) Süffig, etwas leichtgewichtig. Keine besondere Note, aber nicht schlecht.
Unterkunft: 48 Euro (mit Frühstück).